Audio-Podcast: 9:35 min
Kennen Sie… St. Ambrosius?
Der um 339 in Trier geborene heilige Ambrosius ist neben Hieronymus, Augustinus und Gregor dem Großen einer der vier abendländischen Kirchenväter. In seinem Geburtsort ist er vor allem durch Einrichtungen im Norden der Stadt bekannt, hier tragen eine Straße, Schule und ein Kindergarten seinen Namen. Das erste Gebäude, das sich auf den späteren Bischof von Mailand berufen hat, ist die Not- und Nachkriegskirche St. Ambrosius, eine ehemalige Reithalle mit Glas- und Bildhauerarbeiten zahlreicher Künstlerinnen und Künstler. Bis heute werden in dem ewigen Provisorium Gottesdienste gefeiert.
Der Norden der Stadt ist seit dem frühen 19. Jahrhundert von militärischen Bauten geprägt. Die preußische Militärsiedlung und die Goebenkaserne werden von der späteren französischen Regierung genutzt und ausgebaut. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg werden zahlreiche Kasernengebäude zu Wohnhäusern. Eine der militärischen Immobilien ist eine preußische Reit- und Exerzierhalle an der Ambrosiusstraße. Nach dem Krieg wurde dieses von Zerstörungen verschonte Gebäude zur Kirche umfunktioniert. Schon seit den 30er Jahren nämlich war die Bevölkerung des nördlichen Stadtteils stark gestiegen und ein neuer Kirchenbau sollte die größte Trierer Pfarrei St. Paulin entlasten. Bis 1945 war diese Pfarrei von 7.000 auf 10.500 Katholiken angewachsen. In der neu zu gründenden Kirchengemeinde bei der Goebenkaserne sollten davon 4.300 Gläubige betreut werden. Mit Platz für rund 2.000 Gottesdienstbesucher war der Raum von St. Ambrosius auch weitaus größer als der von St. Paulin, wie ein Zeitungsartikel von 1946 Auskunft gibt.
Die Umbauten des Gebäudes – in dem zuletzt Autos parkten – zu einem Kirchenraum, waren im Oktober 1947 fertiggestellt und die Kirche St. Ambrosius wurde festlich eingeweiht. Aus einer Grube vor der Halle wurde Schutt und Erdreich in das Innere geschafft, um einen erhöhten Altarraum zu errichten. Angeleitet wurden die Arbeiten von dem Trierer Architekten Professor Fritz Thoma (1901-1977), Mitglied der Dombau- und Diözesanbaukommission des Bistums. Zum Einsatz kamen vor allem Invalide und junge Männer, die nicht im Wohnbau tätig sein konnten, der von Seiten der Stadt Vorrang hatte. So durfte zum Beispiel kein Baumaterial des städtischen Baustoffkontingents in Anspruch genommen werden.
Notwendig aber auch vorhanden waren ehrenamtliche Hilfe und hohes Engagement der Bevölkerung. Ein damals 16-jähriger Helfer erinnert sich in der Chronik von St. Ambrosius: “Wir zeigten unsere Arbeitsschuhe. Dann bekamen wir von Amerika jeder ein paar neue Schuhsohlen, die man mit Geld nicht bezahlen konnte. Auch Pastor Weins zog über Land und hamsterte Kartoffel und Gemüse. Pauliner Frauen kochten in der Schule ein Mittagessen für uns alle. Dazu gab es großes Stück Brot, das die Bäckerei Becker jeden Tag ohne Marken stiftete. Ein Strauch wurde nie gefeiert. Es war in der Hungerszeit auch nichts da. Entlohnt wurden wir mit einem Stundenlohn von ein paar Groschen.” Die Notkirche zeigte sich bei ihrer Einweihung schlicht. Die quer über den Raum gespannte Balkendecke unter dem Satteldach der Reithalle verdeckte den Blick auf die großen Thermenfenster. Der wenige Schmuck bestand aus Pflanzen und einem modernen Altar auf der erhöhten Insel im Westen des Gebäudes. Von außen hatte sich wenig an der Optik der ehemaligen Reithalle geändert.
In einem zweiten Bauabschnitt wurde aus der Notkirche ein aufwändig gestaltetes Gotteshaus. 1952 konnte die Kirche die Reithalle sowie das anhängende Kammergebäude, also ein militärisches Lagerhaus, kaufen. Bis dahin war das Gebäude von der französischen Militärregierung angemietet worden. 1954 begannen ebenfalls unter Fritz Thoma weitreichende Umbauten, die St. Ambrosius bis heute innen und außen prägen. Die auffälligste Veränderung ist der neue Dachstuhl. Statt der querliegenden niedrigen Balken und Bögen wird das Dach nun von einer filigranen hölzernen Rahmenbinderkonstruktion mit Fachwerkstreben gestützt, welche die Höhe des Raumes betont. Der Altarraum wird um sechs mit dunkelroten Mosaiksteinen gestalteten Stufen erhöht und bietet in dem dahinter tieferliegenden Raum Platz für Orgel und Chor. Zu den beiden halbrunden Thermenfenstern im Westen und im Osten kommen zwei langgestreckte Schleppgauben, welche die kleinen Dachgauben ersetzen und den Raum mit Tageslicht durchfluten.
Der an die Ostfassade mit den beiden Eingängen vorgesetzte zweiwandige Glockenturm vor dem Fenster macht nun auch von außen sichtbar, dass die ehemalige Reithalle kein profanes Gebäude mehr ist. Im Glockenturm läutete vorerst die kleine Ambrosiusglocke des Domes. Eine Werktagskapelle zwischen den beiden Eingängen im Osten von St. Ambrosius ist schlicht und modern gestaltet und konnte mit einem Vorhang abgetrennt werden. Schon vor dem zweiten Umbau wurde die Kirche mit christlicher zeitgenössischer Kunst weiter ausgestaltet. Vom Bildhauer Anton Nagel stammt die im Eingangsbereich stehende Schmerzensmutter, die seit 1950 dort steht und von Gefallenenkreuzen umrahmt wird, sowie die Madonna als Friedenskönigin auf der Altarinsel. Ebenfalls von Nagel ist der Familienaltar aus dem Jahr 1953, der an der südlichen Längswand steht. Er stellt Maria, Josef und Jesus als spielendes Kleinkind dar und passt gut zu der jungen Gemeinde mit inzwischen 5.000 Mitgliedern.
Mit dem Umbau 1954 erhielt St. Ambrosius auch einen eigenen Kreuzweg, der von der Ordensfrau Schwester Eberhardis aus dem Böhmerkloster gestiftet wurde und die Längsseiten zwischen den rechteckigen Fenstern ziert. Gebrannt wurde die Arbeit aus regionalem Ton in Speicher. Aufnahmen aus dem Wiedereröffnungsjahr zeigen Wandbehänge seitlich des Altars, welche von der Trierer “Kunstgewerblerin” Elsbeth Forster gestaltet wurden. Auf der Epistelseite ist der heilige Ambrosius zu sehen, auf der Evangelienseite die heilige Elisabeth.
Ab 1961 wird in St. Ambrosius nochmals in die Ausstattung investiert. Die Gemeinde erhält neben vier eigenen großen Glocken auch eine Taufkappelle, die wohl zu den verkanntesten Kunstwerken des 20. Jahrhunderts in Trier zählen darf. An der südlichen Längswand ist ein eigener Raum mit schwarzgrauen Mosaiksteinen ausgekleidet, der schon selbst wie ein großes Taufbecken anmutet. Sowohl der Weihwasserbehälter als auch das Taufbecken aus schwarzem Stein sind rund und stehen auf einem kreuzförmig ausgebildeten Sockel. Der massive Weihwasserbehälter ist von einer steinernen Pyramide bedeckt und am Rand mit leichten Wellenformen symbolisch gestaltet. Das Taufbecken selbst steht schlank und elegant auf einem hohen kreuzförmigen Fuß. Die Taufkappelle selbst stammt von Fritz Thoma und dem Trierer Bildhauer Michael Trierweiler (1908-1998).
Der Raumeindruck wird heute leider durch einen dort abgestellten riesigen Kerzenständer sowie eine Kniebank gestört. In warmes Licht getaucht wird der kleine Raum durch das hohe Glasfenster, das den heiligen Ambrosius bei der Taufe von Augustinus zeigt. Das Fenster hat der langjährige Leiter der Trierer Kunstgewebeschule, Heinrich Dieckmann (1890-1963) entworfen, ein Schüler von Jan Thorn-Prikker. Ebenfalls von Dieckmann sind sie Entwürfe für die beiden farbenfrohen Thermenfenster, die im Westen Geburt, Kreuzigung und Auferstehung Jesu und im Osten das Jüngste Gericht zum Thema haben. Und auch die 20 Seitenfenster des Langhauses werden in den 60er Jahren künstlerisch gestaltet. Reinhard Heß (1904-1998) ist der Urheber der expressiven rein grafisch gestalteten Rechteckfenster.
Seit 1963 steht zudem vor dem Kirchengebäude die 2,50 Meter hohe Skulptur, die den ältesten Kirchenvater mit mildem Gesichtsausdruck direkt unter diejenigen mischt, die den Platz vor der Kirche aufsuchen. Die monumentale Plastik in abstrakter Form aus dunkler Mayener Basaltlava zeigt Ambrosius mit seinen Attributen Mitra, Stab, Buch und Bienenkorb. Sie ist das letzte Werk des noch jungen aus Beckingen stammenden Bildhauers Albert Zapp (1925-1963), der noch im selben Jahr an den Folgen eines Autounfalls gestorben ist. Das 1983 eingeweihte Ambrosius-Relief über dem Seitenportal stammt im Entwurf wie die ebenfalls roten Sandsteinreliefs über den beiden Haupteingängen von dem Bildhauer Willi Hahn (1920-1995). Sie passen stilistisch gut zu dem Glockenturm und repräsentieren in ihrer realistischen Ausführung der Heiligengeschichten die aufstrebende christliche Kunst in den fünfziger Jahren. Die Ausführung indes hat sein Sohn Joachim übernommen.
Oh vreck, wat e gedeessems auch oder gerade für Trierer Rezipienten. 😀
Zur katholischen Komplexion würde ich noch ähnlich aufmerksame Artikel über die Geschichten der beiden Relikte am (antiken) Ufer erwarten, namentlich des mittelalterlichen Vorgängerbaus des heutigen Martinsklosters, der Abtei St. Martin und des Benediktinerinnenklosters Oeren; nicht weniger reizend wäre eine Falsifikation des gerne als ältestes Steinhaus Deutschlands titulierten Überbleibsels in Pfalzel.
Äddi a merci!