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Kennen Sie… das Stadtbad?
Baden hat in Trier schon unter den Römern eine große Rolle gespielt, noch heute beeindrucken die Ruinen der Barbara- und Kaiserthermen. Vis-à-vis der mächtigen Anlage am Ende der Südallee hat das Trierer Stadtbad seinen Standort. Und auch das Angebot ist über die Jahrhunderte ähnlich geblieben. Zeitlos wie der Spaß und die Freude am Wasser ist auch die Architektur des Hallenbads aus dem Jahr 1929.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es durchaus nicht üblich, dass in jeder städtischen Wohnung auch ein eigens Bad vorhanden war. Da eigene Bäder den begüterten Haushalten vorbehalten waren, publizierte die Trierer Presse im Jahr 1927: „Trier hat keine Schwimmhalle. Wo baden denn im Winter die 60.000 Einwohner dieser Stadt? […] Eine Statistik würde sicherlich für Trier beschämend sein, da festgestellt werden würde, wie wenige Menschen in Trier im Winter baden könnten.“ Just in dieser Zeit verkaufte die Stadt ihr Elektrizitätswerk an das RWE, so dass sich mit dem Erlös die Chance bot, ein eigenes Stadtbad zu errichten.
Den ausgeschriebenen Wettbewerb gewann 1929 das Trierer Architekturbüro Brand und Mertes, eröffnet wurde das Stadtbad bereits 1931. An der Ecke zur Gerberstraße sehen wir noch heute ein Bauwerk, welches ganz dem Neuen Bauen des frühen 20. Jahrhunderts verpflichtet ist. Der kubische Baukörper ist mit rot-braunem Klinker verkleidet und hat einen markanten vorgelagerten Uhrturm in der Mitte der Straßenfront zur Südallee.
Links von dem Turm schloss sich bis zur großen Erweiterung der Wannenbadflügel an, der vielen Trierern endlich die Möglichkeit zu einer adäquaten Körperhygiene bot. Nach Süden heraus öffneten sich 26 Zellen mit Badewannen zum Außengelände des Stadtbades mit einem Becken und einer großen Spielwiese, wie man auf der perspektivischen Zeichnung von Ferdinand Weeser-Krell aus dem Jahr der Eröffnung, 1931, gut nachvollziehen kann.
Das Trierer Stadtbad kommt ohne aufwändigen Schmuck aus und die Klinker sind so vermauert, dass nur der Turm eine plastische Struktur und das Hauptgebäude am oberen Rand ein unaufdringliches Dreieckmuster erhalten. Allein der Haupttrakt rechts vom Eingang sowie der auffällige Turm sind heute noch original, der links liegende Flügel wurde bei einer großen Erweiterung ab 1980 mit dem heute noch bestehenden Neubau ersetzt. Bei diesen Maßnahmen wurde die östliche Wand der Schwimmhalle durchbrochen, so dass der heutige Raumeindruck mit weiteren Becken und Sprungturm ein ganz anderer ist als zur Bauzeit.
Das zweigeschossige Hauptgebäude erhebt sich jedoch noch immer über glatten hellen Arkaden aus Muschelkalk, ein Material, das auch in den Umfassungen der Fensterbänder wiederkehrt. Im ersten Stockwerk befanden sich ein großer Gymnastikraum mit schwarzem Flügel sowie ein Aufenthaltsraum mit modernen Stahlrohrmöbeln, der zusätzlich zu den Fenstern von einem Oberlicht erhellt wurde. Von hier aus gelangte man auch auf die sich an die Schwimmhalle anschließende 40 Meter lange östlich liegende Sonnenterrasse, von wo man ebenfalls einen Blick auf das Außengelände hatte. Entlang der Gerberstraße schließt sich neben den niedrigen Bedienstetenwohnungen auch die eigentliche Schwimmhalle mit je elf schmalen hochformatigen Fenstern an den Längsseiten ab. Das Kopfende Richtung Süden wird aus weiteren fünf Fenstern gebildet, so dass der Innenraum mit somit 27 fast raumhohen Fenstern lichtdurchflutet war, wie zeitgenössische Fotos zeigen. Die Fensterfläche betrug insgesamt 216 Quadratmeter, so dass ein weitestgehend transparenter und quasi schattenloser Raum entstand. Den Effekt, nicht in einem Raum, sondern eher im Freien zu schwimmen, wurde durch das 250 Quadratmeter große Oberlicht verstärkt. Die Wände waren aus grüner Terrakotta gestaltet, das Becken mit seegrünen Mosaikplatten ausgelegt und alle Metallteile waren entweder chromgelb lackiert oder blank verchromt, wie ein Bericht aus der Trierischen Heimat von 1932 wiedergibt.
Form follows function ist bei diesem Gebäude in einer klaren Form angewandt, denn es sind die Fenster, die das Gebäude gliedern – und zwar rein aus dem Zweck heraus, den die dahinter liegenden Räume haben. An der Ecke zur Gerberstraße befindet sich die mit großflächigen Fenstern gegliederte Ladenfront, in der im Laufe der Zeit mal eine Gastronomie, mal ein Friseur zu finden war. Im Erdgeschoss öffnen sich die Muschelkalkarkaden zum ehemals unter dem Turm liegenden Eingangsbereich. Ursprünglich berat der Badende hier eine 120 Quadratmeter große Halle mit türkisblauem und grünem Terrakotta an den Wänden. Im jetzigen Verwaltungstrakt lassen sich noch einige Wände samt der Umrahmung des Kassenbereichs finden. Verchromte Stahlmöbel luden zum Entspannen ein, der Glas- und Mosaikschmuck wurde von Kat Becker und Michael Trierweiler, Künstlern der Trierer Kunstgewerbeschule, gestaltet. Im ersten Stock befanden sich die Umkleideräume mit der sich anschließenden Schwimmhalle.
Dem zentral im Turm liegenden Erfrischungsraum samt Klubzimmer schloss sich eine weitere Terrasse gen Kaiserthermen an, die besonders der Oberbürgermeister Felix Zimmermann in seiner Amtszeit von 1980-1989 häufig für politische Gespräche nutzte. Genau wie sein römisches Pendant auf der anderen Straßenseite ist „Das Bad an den Kaiserthermen“, wie es heute heißt, weiterhin Ort für Kommunikation, Austausch und Sport, wie es auch die Römer hielten, wenn sie einen Tag in den Thermen verbrachten.
Wannenbäder und Duschen gab es bei uns auch noch in der Schule, etwa gleiche Bauzeit wie diese Schwimmhalle. Vom Hausmeister gab es dazu eine Tablette Fichtennadelsprudelbad und ein Handtuch.
Wieder ein interessanter Bericht, danke dafür.
Oh, in einer Schule, da kenne ich sonst nur Duschen. Aber die Pädagogen wussten sicher schon, warum…