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Kennen Sie… Zurlauben?
Barocke Häuser, idyllische Gärten, Terrassen und viel Gastronomie. „Zurlauben“ sagen die Trierer zur schmalen Straße zwischen der Mosel und der Ascoli Piceno Straße, der mehrspurigen Einfahrt von der Autobahn in die Innenstadt. Im Ortsnamen „Zurlaubener Ufer“, so heißt die Straße im Stadtplan, steckt das Wort Laube und dies passt hervorragend zu den kleinen Häuschen und Pavillons, die einst als Gartenlauben errichtet wurden und von denen einige noch heute zu finden sind.
Genau daher kommt es, dass der Straßenname mit den pittoresken Lauben erklärt wird, obwohl dies zeitgeschichtlich gar nicht passen kann, aber im Laufe der Jahrhunderte praktischerweise passend wurde. Denn die Lauben stehen nachweislich erst seit dem 18 Jahrhundert hier. Der Ortsname selbst ist aber bereits in Quellen aus den 13. und 14. Jahrhundert erwähnt – vielleicht gab es dort ja auch schon Lauben oder es gibt noch eine andere sprachgeschichtlich erklärbare Deutung. Auf alle Fälle sind es heute tatsächlich die Lauben, die aus dem Zurlaubener Ufer eine für Trier ganz besondere Straße machen, denn sie ist nah dran am Fluss, also eigentlich ist Zurlauben das Dorf am Fluss, wie Trier vielleicht ja noch die Stadt am Fluss werden kann. Das Potenzial wäre allemal vorhanden.
Die dörfliche Struktur, die wir heute an der gebogenen schmalen Straße mit seinen meist nur zwei Stockwerke hohen Gebäuden mit Mansarddächern ablesen können, war seit der Entstehung im frühen Mittelalter gegeben. Als Vorort vor den Stadtmauern Triers wie zum Beispiel auch Pallien, Kürenz oder St. Barbara hatte Zurlauben im Jahr 1801 mit 293 Einwohnern eine stattliche Größe. Die direkte Lage am Wasser bot den hier lebenden und arbeitenden Fischern und Schiffern einfachen Zugang zur Mosel. Die Häuser und auch die dazugehörigen Lauben sind alle nach den schweren Zerstörungen unter Ludwig dem XIV. entstanden. Während der französischen Zeit wurde die Trierer Stadtmauer wieder zur Festungsanlage, die davorliegenden Siedlungen jedoch niedergerissen, um im Kriegsfall ein freies Schussfeld haben zu können.
Bei dem Neuaufbau von Zurlauben legte man vor den Häusern Richtung Mosel großzügige Gärten an, die mit Lauben und Pavillons ausgestattet wurden. Um die Hanglage in Richtung Mosel auszugleichen, endeten die Gartengrundstücke mit einer hohen Mauer, die zugleich Hochwasserschutz bieten sollte. Die Pavillons und Terrassen, die oberhalb der Mauer lagen, waren erstklassige Orte, um einen schönen Blick auf die Mosel, die gegenüberliegenden roten Felsen und Pallien genießen zu können. Unterhalb der Mauern führten flache Wiesen zum Ufer und der wichtigen Fähre, welche bis zum Bau der Kaiser-Wilhelm-Brücke im Jahr 1914 nach Pallien übersetzte.
Von der für den Vorort charakteristischen Mauer ist seit den späten Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts nichts mehr zu sehen, denn als Maßnahme gegen die Überschwemmungen wurde ein richtiger Damm aufgeschüttet. An dessen höchster Stelle ist nun ein Fahrradweg und es hätte nicht viel gefehlt, dann wäre diese letzte Nähe eines Stadtteils zur Mosel auch verschwunden gewesen. Denn Mitte der 50er Jahre gab es bei den Planungen der Umgehungsstraße tatsächlich die ernsthafte Überlegung, die Moseluferstraße auf dem Abschnitt vom Exzellenzhaus bis zum Georg-Schmitt-Platz vor Zurlauben, also direkt an der Mosel entlangführen zu lassen. Bei dieser Lösung wären die Lauben nicht erhalten geblieben und Trier hätte den heute so idyllischen Stadtteil verloren.
Das bürgerschaftliche Engagement des Vereins Trierisch sorgte nach dieser weisen Entscheidung auch direkt dafür, sich um die markanten Doppellauben am nördlichen Ende von Zurlauben zu kümmern, die sich in einem erbärmlichen Zustand befanden. 1956 erhielten die beiden Lauben neue mit Schiefer gedeckte Dächer, kurz drauf wurde auch die wie ein Gerippe dastehende Fachwerkkonstruktion mit den Sandsteinfenstern wieder verfüllt und verputzt.
Mitten in dem Straßenzug steht eine weitere verhältnismäßig große Gartenlaube, in der heute der Männergesangsverein Zurlauben residiert. Die Laube gehörte einst zum Gasthaus „Zum goldenen Karpfen“. Der Architekt und Denkmalpfleger Friedrich Kutzbach unterbreitete 1927 kurz nach dem Bau des Hochwasserdamms Vorschläge zur besseren Gestaltung von Zurlauben, die zwar nicht umgesetzt wurden. Hierhin beschreibt er jedoch auch die Nutzung der Lauben: „Es handelt sich um Gastlauben, Vorgänger der heutigen Hallen auf Weißhaus und Schneidershof, man trank dort im Angesicht des Flusses einen Schluck Viez oder Wein und aß dazu frischen Moselfisch, wie zwei Dachläden dorther, die sich im Moselmuseum befinden, Männer in alter Tracht an Gefäßen mit Fischen, zeigen, eine Art Firmenschild des Lokales, von dem sie stammen, das noch heute steht und 1792 datiert ist.“
Das Bild, das sich Kutzbach vor beinahe 100 Jahren bot, unterscheidet sich nur durch die Ansicht von Seiten der Mosel. Wir können hier auf dem Damm entlangspazieren, aber Kutzbach wäre damals für folgende Gestaltungslösung gewesen: „An dieser Laube müßte auch der ehemals wasserseitig bestandene Balkon wieder hergestellt werden.“